Samenspender

Samenspenden ist in Deutschland seit 1983 erlaubt. Trotzdem führt diese sinnvolle Form der Masturbation weitgehend ein Schattendasein. Öffentlich jedenfalls. Denn inzwischen verdanken 70.000 Paare die Erfüllung ihres Kinderwunsches einem unbekannten Spender.
In den 80er Jahren wurde in Deutschland erstmals in breiter Öffentlichkeit über das Thema Samenspenden diskutiert. Es war die Blütezeit von Witzen wie "Ich habe gerade ein Konto eröffnet. Bei der Samenbank." Inzwischen leben 70.000 Kinder von so genannten milden Spenden, und keiner will es gewesen sein. Denn nahezu 10 Prozent aller Kinder, die auf künstlichem Weg gezeugt wurden, stammen aus fremder Feder. Wenn aber ein solch großer Bedarf an fremdem Erbgut besteht, warum ist das Samenspenden dann nicht ein klassischer Nebenjob während des Studiums? Ganz einfach: Bei den Spenden gilt das gleiche harte Gesetz wie bei der Eizellen-Befruchtung: Nur der beste Samen kommt durch.

Die Chancen auf ein Konto bei der Samenbank sind nämlich erschreckend gering.
Neun von zehn Bewerbern schickt Dr. David Peet nach ihrem ersten Handarbeitstag nach Hause."Wir müssen im Interesse unserer Patientinnen extrem hohe Anforderungen an die Vitalität der abgegebenen Samenzellen stellen" , erklärt der ärztliche Berater der Samenbank Berlin. Wer zum erlauchten Kreis gehört, kann sich dann aber über einen angenehmen Nebenverdienst freuen. 105 Euro werden pro Ejakulat gezahlt, vorausgesetzt man hat sich an die Abmachungen gehalten und vor dem Liefertermin vier Tage auf Sex und Drogen verzichtet (offensichtlich Drogenabhängige werden direkt abgelehnt). Wer aber brav war, darf dann alle 14 Tage ins Becherchen ejakulieren, was sich im Jahr zu einem erklecklichen Nebeneinkommen von 2520 Euro summiert. Völlig risikofrei ist das Samenspenden freilich nicht. Nur die Eltern haben hundertprozentige Sicherheit, dass nicht irgendwann der Mann aus dem Katalog vor der Tür steht. Umgekehrt ist die Lage komplizierter. Bei Erreichen der Volljährigkeit kann ein Kind, das durch den Samen Dritter entstanden ist, vor Gericht die Bekanntgabe seines Vaters erzwingen. In diesem Fall muss der Samenspender keinen Unterhalt zahlen. Ab Ende des Jahres könnten allerdings einige sehr interessante Prozesse auf die Gerichte zukommen. Die ersten "Spenderkinder" werden nämlich jetzt volljährig. Und ein durch Samenspende entstandenes Kind kann beim Erbe seines Spendervaters seinen Pflichtteil einklagen. Kinder, die glauben, sie kämen aus ‚normalen' Verhältnissen, sehen sich dann vor Gericht plötzlich mit mehreren Halbgeschwistern konfrontiert. Und auf einmal geht ihnen auch auf, womit Papi früher immer die schönen Urlaube finanziert hat.

Die Halbgeschwister werden sich übrigens über ihre frappierende Ähnlichkeit wundern
Die meisten Frauen suchen sich nämlich unter den Hunderten Spendern einen aus, der ihrem jetzigen Lebenspartner möglichst ähnlich sieht. Bei Dr. Peet kann man sich sogar zusätzlich den Beruf seines Spenders und sein Hobby wünschen. Anders als in den USA kosten dabei Architekten, Literaturprofessoren oder Vorstandsvorsitzende keinen Euro extra. Und den kernigen Gabelstaplerfahrer gibt es auch nicht zum "Schleuderpreis". Samenspenden ist also schnell verdientes Geld. Und wer mit der Vorstellung zurecht kommt, dass irgendwo da draußen kleine Kinder rumlaufen, die einem irgendwie sehr ähnlich sehen, der sollte sich ein Herz fassen. Oder was anderes.

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