Spermienforschung

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben – ein Zitat, das offenbar auch auf die Spermien promisker Primatenarten zutrifft, wie zwei US-Forscher herausgefunden haben.

Paaren sich die Weibchen einer Primatenart mit mehr als einem Geschlechtspartner, müssen die Männchen um die Vaterschaft konkurrieren. Zwei amerikanische Zoologen haben jetzt herausgefunden, dass dieser Wettbewerb sich auch auf die Form der Spermien auswirkt.


Kräftiger Peitschenschlag Matthew Anderson und Alan Dixson von der Zoological Society of San Diego, Kalifornien, haben Spermien von 31 Primatenarten vermessen. Bei einer promisken Spezies weisen die Samenzellen demnach besonders große Mittelstücke auf, in denen die Energie für ihre Fortbewegung erzeugt wird. Wie die Forscher im Magazin «Nature» berichten, sind Kopf und Schwanzstück der Spermien bei allen Arten ähnlich groß. Unterschiede gibt es hingegen beim Mittelstück, wo die Energie für den Peitschenschlag des Schwanzes und damit für die Fortbewegung der Zellen produziert wird. Bei promisken Arten weist das Mittelstück ein deutlich größeres Volumen auf als bei Arten, wo nur ein Männchen zur Fortpflanzung kommt. Anderson und Dixson glauben, dass ein größeres Mittelstück mehr Mitochondrien enthält und damit mehr Energie für den Vortrieb der Samenzelle liefern kann. «Die von uns beobachteten größeren Mittelstück-Volumina bei Primaten mit Mehr-Partner-Paarungssystemen, in denen die Spermienkonkurrenz besonders ausgeprägt ist, könnten daher das Resultat einer Selektion auf höhere Mitochondrienzahlen und größere Beweglichkeit sein», schreiben die Forscher. In der Evolution dieser Arten haben sich also offenbar jene männlichen Individuen durchgesetzt, die die stärkeren und schnelleren Spermien zur Verfügung haben. Sie haben diese Eigenschaft an ihre Nachkommen weiter gegeben.


Klasse oder Masse Die Konkurrenz um die Vaterschaft ist auch an weiteren Körpermerkmalen zu erkennen. So haben 50 Kilogramm schwere Schimpansen größere Hoden als 200 Kilogramm schwere Gorillamännchen. Die Ursache für dieses «Missverhältnis» liegt im unterschiedlichen Paarungsverhalten der zwei Arten. Während ein dominantes Gorillamännchen sich der Treue seines Harems relativ sicher sein kann, paaren sich Schimpansenweibchen oft mit mehreren Männchen. Daher, so die Theorie, hat der Wettbewerb zwischen den Schimpansenmännchen im Laufe der Zeit zu immer größeren Hoden geführt, um die Spermienproduktion und dadurch die Chancen auf eine Vaterschaft zu erhöhen. Ähnliche Effekte dieser «Spermienkonkurrenz» findet man im gesamten Tierreich von Würmern über Krebse bis hin zu Vögeln.