Der Killer Eifersucht

Eine alte Weisheit sagt schon: "Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft." Lesen Sie hier, wie man mit Eifersucht umgeht und sie bekämpft.
Beratung und Autor: Dr. Steffen Fliegel

DAS PROBLEM

Im Brockhaus steht unter "Eifersucht": "Eifersucht ist ein qualvoll erlebtes Gefühl vermeintlichen oder tatsächlichen Liebesentzugs. Der Eifersüchtige reagiert mit Versuchen, das Liebesobjekt an sich zu binden. Im eigentlichen Sinne bedeutet Eifersucht das Verlangen nach völliger Ausschließlichkeit der Beziehungen zum Partner." Laut einer repräsentativen Umfrage kennen 77 % der deutschen Frauen und 80 % der deutschen Männer das Gefühl von Eifersucht bei sich selbst.

Mit Eifersucht sind sehr viele persönliche Schicksale verbunden, wie man häufig in der Boulevard-Presse liest: "Eifersuchtsdrama: Mann erstach Frau", "Dreißigjährige vergiftete Mann aus Eifersucht", "Sie zog zu einem anderen, er griff zum Dolch: Vier Kinder trauern um ihre Mutter". Diese Dramen, wenn sie sich so zugetragen haben, wurden öffentlich. Die meisten Schicksale betreffen die Ehen und Partnerschaften, die durch Eifersucht belastet werden.
Eifersucht gibt es nicht nur unter Erwachsenen, auch Kinder können aufeinander eifersüchtig sein. Gleicherweise können Eltern auf ihre Kinder und Kinder auf ihre Eltern eifersüchtig sein. Eifersucht trifft man in den meisten Kulturen an, in allen Schichten, bei Menschen mit jedem Bildungsstand. Eifersüchtig kann man auf einen anderen Menschen sein, aber auch auf Dinge, wie z.B. das Hobby oder den Beruf des Partners.

Eifersucht wird häufig als eigenständiges Gefühl bezeichnet, hinter der Eifersucht verbergen sich aber in der Regel eine Reihe unterschiedlicher Gefühle: Angst, Wut, Traurigkeit, Hass, Minderwertigkeitsgefühle. Vorrangig ist Eifersucht mit Angst verbunden, vom Partner nicht mehr geliebt und/oder verlassen zu werden. Diese Angst hat keinen Raum für klare Gedanken, führt zum "Ausrasten" und Verrückt spielen.

Auf der Verhaltensebene gibt es auch ein breites Spektrum im Zusammenhang mit Eifersucht:
Hinterherspionieren, Porzellan zerschlagen, auf den Partner einschlagen, Racheverhalten, Suizidhandlungen und so weiter.
Einige Verhaltensstrategien bei Eifersucht:
- Unerwartete Anrufe, ob jemand anderes da ist.
- Nicht mit zu Partys gehen, wo andere attraktive Personen anwesend sind.
- Die Freizeit mit ihm oder ihr verbringen, um Treffen mit der/dem Anderen zu verhindern.
- Andere zurechtweisen, die ein Auge auf ihn oder sie werfen.
- Sich besonders sexy und attraktiv verhalten, um seine/ihre Blicke an sich zu binden.
- Ihn oder sie öffentlich ausdauernd und auffällig zu küssen, wenn andere zuschauen.

Männer betonen in ihrer Eifersucht anderen gegenüber eher ihren sozialen Status und ihre finanzielle Potenz und signalisieren auch Unterordnung ("Ich erfülle ihr jeden Wunsch, ich ändere mich, wenn sie es wünscht.").
Frauen achten eher verstärkt auf ihre Attraktivität und ihre sexuelle Ausstrahlung, wenn sie das Gefühl haben, dass der Partner ihnen entgleitet. Sie artikulieren deutlich ihren Besitzanspruch. Dem Partner gegenüber arbeiten sie mit Strafandrohungen, ihn zu verlassen.

Roland Barthes: "Als Eifersüchtiger leide ich vierfach:
weil ich eifersüchtig bin,
weil ich mir meine Eifersucht zum Vorwurf mache,
weil ich fürchte, dass meine Eifersucht den anderen verletzt,
weil ich mich von einer Banalität knechten lasse: Ich leide darunter, ausgeschlossen zu sein, aggressiv zu sein, verrückt zu sein und gewöhnlich zu sein."

In der Psychologie hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass Eifersucht sehr viele Menschen in unterschiedlicher Ausprägung und Stärke betrifft. Wer von sich behauptet, niemals eifersüchtig zu sein, dem gelingt es vielleicht, seine Eifersuchtsgefühle zu verdrängen. Die Folgen sind unerklärliche Depressionen, Migräne, Magengeschwüre, Hautausschläge oder andere körperliche und psychische Beschwerden.

Es gibt eine krankhafte, überzogene und unangemessene Eifersucht, die sich deutlich von der so genannten normalen Eifersucht abgrenzen lässt:
Die "normale", nicht-pathologische Eifersucht ist nützlich für die Verarbeitung einer problematischen Beziehungssituation. Diese Eifersucht klingt ab, wenn die Verarbeitung befriedigend bewältigt wurde.
Pathologische, krankhafte Eifersucht dagegen dient nicht der wirklich befriedigenden Lösung der problematischen Situation. Sie ist oft auch auf gar keine reale Situation bezogen. Sie besteht entweder permanent und quälend oder flammt zumindest immer wieder heftig auf.

Psychoanalytiker begründen die pathologische Eifersucht
- mit dem Fehlen bedingungsloser Liebe und Geborgenheit in der Kindheit,
- mit dem Zweifel an der eigenen Wertschätzung und
- der nicht effektiv bewältigten normalen Eifersucht eines Kindes auf nachfolgende Geschwister.

Menschen mit diesen Defiziten in ihrer Kindheit sind nach Meinung von Psychoanalytikern gefährdet, pathologisch eifersüchtige Erwachsene zu werden.
Verallgemeinert kann das heißen: Wer häufig in seinem Leben Abwertung erfahren hat und wenig Geborgenheit kennt, wird schnell von extremer Unsicherheit und Hilflosigkeit überfallen. Dieser Mensch fordert, um dieses Gefühl abzuwehren, dass andere Menschen, insbesondere der Partner, immer und ausschließlich für ihn da sein sollen. Er möchte möglichst die absolute Kontrolle über den Partner ausüben.

Daraus folgt: Von den pathologischen Fällen abgesehen ist Eifersucht keine psychische Störung, sondern ein Hinweissignal darauf, dass grundlegende Bedürfnisse nach der Bestätigung der eigenen Person und nach Sicherheit in einer bestehenden Paarbeziehung nicht befriedigt sind. Nur so ist es möglich, Partnerschaften zu verbessern, sowie bestehende Unklarheiten, Unsicherheiten oder Missverständnisse auszuräumen.

Eifersucht beherrscht Menschen dann,
wenn es um einen persönlich sehr wichtigen Bereich geht,
wenn das Gefühl vorherrscht, in diesem wichtigen Bereich die selbst gesteckten Ziele nicht erreicht zu haben,
- wenn ihre Frau sie sexuell betrügt, (eher bei Männern),
- wenn der Partner sich emotional zu einer anderen Frau hingezogen fühlt (eher bei Frauen).

Eifersucht ist selten die Ursache für ein bestimmtes Verhalten (z.B. Fremdgehen des Partners). Eifersüchtige Menschen haben Angst vor dem Vergleich: Sie befürchten, schlechter abzuschneiden und dadurch für ihren Partner nicht mehr interessant zu sein. Das bestimmte Verhalten des Partners (z.B. Fremdgehen) ist sekundär. Also nicht Ursache, wohl aber Anlass der Eifersucht.

Welchen Ursprung eifersüchtige Gefühle auch haben mögen. Wenn diese stärker und häufiger auftreten, wenn sie quälen und zerstörerisch sind, dann sind die betroffenen Menschen daran interessiert, möglichst bald von diesen Quälgeistern befreit zu werden.

LÖSUNGEN

Wolf Jordan (siehe unten) hat sechs Ratschläge für Menschen zusammengestellt, die pathologisch eifersüchtig sind. Wolf Jordan ist aber auch der Meinung, dass diese Ratschläge nutzbringend für diejenigen sein können, die "normal" eifersüchtig sind:
1. Passen Sie sich nicht aus Angst vor dem Verlassen werden völlig an die Bedürfnisse und Wünsche Ihres Partners an.
2. Versuchen Sie nicht, den Partner durch Kontrollmaßnahmen an der (vermuteten oder tatsächlichen) Untreue zu hindern. Diese Strategie ist bestenfalls geeignet, sich selber zu quälen oder belächelt zu werden.
3. Wenig hilfreich ist es, das eigene Selbstwertgefühl durch zahlreiche oberflächliche Sozialkontakte zu stabilisieren und den Partner damit eventuell ebenfalls eifersüchtig machen zu wollen.
4. Angst oder Wut auf den anderen mögen noch so groß sein, versuchen Sie dennoch, ihm respektvoll zu begegnen. Erinnern Sie sich immer wieder an die Eigenschaften, die Sie an ihm oder an ihr schätzen.
5. Werden Sie in Ihren eifersüchtigen Gefühlen nicht blind für die Liebeszeichen Ihres Partners oder Ihrer Partnerin.
6. Werden Sie sich klar über Ihre eigenen Bedürfnisse in Ihrer Partnerschaft. Versuchen Sie, die Bedürfnisse klar und eindeutig zu formulieren. Eine ganze Reihe von lang anhaltenden Eifersuchtsgeschichten konnte entstehen, weil es lang anhaltende Unzufriedenheiten in der Beziehung gab, verbunden mit dem vermuteten inneren Rückzug eines Partners und seiner/ihrer vermuteten Wünsche nach Untreue.

Selbst die extremste Form von Eifersucht würde an Schärfe verlieren, wenn ein Mensch zu seinem Partner/seiner Partnerin sagen würde: Ich bin eifersüchtig, weil ich Angst habe, dich zu verlieren. Dann wäre der eifersüchtige Partner nicht mehr allein mit seinen Ängsten und würde dem anderen Partner eine Erklärung für sein Verhalten geben. Dies könnte auch der Beginn eines Gesprächs in der Partnerschaft sein, welches wiederum einen Beginn für Veränderungen innerhalb der Partnerschaft darstellen könnte.

Anna Roming (siehe unten): Die Eifersucht völlig aus der Welt schaffen zu wollen, ist nicht sinnvoll. Stattdessen sollten wir lernen, sie als normales, angemessenes Gefühl zu akzeptieren. Eifersucht ist ganz sicher nicht, wie manche behaupten, der Beweis für wahre Liebe. Aber sie ist ein Bestandteil einer Liebe, die - wenn sie realistisch ist - sich niemals in völliger Sicherheit wiegen kann.

Wolf Merkle (siehe unten) sieht Lösungen für übermäßige Eifersucht in folgenden Aspekten: Übernehmen Sie die Verantwortung für Ihre Eifersucht. Sagen Sie nicht: Du machst mich eifersüchtig, deine ewige Flirterei macht mich ganz krank, wegen dir kann ich nicht schlafen, du machst mich rasend. Sagen Sie stattdessen: Ich mache mich eifersüchtig, ich versetze mich in Angst, ich raube mir den Schlaf.
Negative Gedanken stimmen häufig nicht mit den Tatsachen überein. Wenn ein Partner mit einer anderen tanzt oder sich mit ihr angeregt unterhält, wirft sie sich ihm nicht gleich in die Arme. Überprüfen Sie, ob ihre Gedanken nicht eventuell aus Phantasien entspringen, die mit der Realität wenig zu tun haben. Es sind oft nicht die Tatsachen, die eifersüchtig machen, es sind in der Regel immer Gedanken und Einstellungen zu diesen Tatsachen.
Es sind häufig nicht die Tatsachen, die Probleme bereiten, sondern die Sicht dieser Dinge beunruhigt. Überprüfen Sie Ihre Gedanken auf deren Tatsachengehalt. Bemühen Sie sich, Dinge so zu sehen, wie sie sind.
Sie fühlen, wie Sie denken. Der Partner hat keine Schuld an Ihrer Eifersucht, dafür tragen Sie alleine die Verantwortung. Das heißt nicht, dass Ihr Partner nicht mitverantwortlich ist für Beziehungsprobleme, die Sie miteinander haben.
Werten Sie nicht Ihre Eltern ab (dass diese Ihnen zu wenig zugetraut haben, dass diese Sie häufiger kritisiert als gelobt haben, dass diese Sie mit anderen Kindern verglichen haben, dass diese Ihre Liebe an Bedingungen geknüpft haben). Eltern sind auch nur Menschen mit einer eigenen Vergangenheit, einer eigenen Kindheit und Erziehung. Heute sind nicht mehr Ihre Eltern verantwortlich für Ihr Leben. Seien Sie bereit, für Ihr Leben und Ihre Probleme die Verantwortung zu übernehmen. Ihr Selbstwertgefühl hat sich im Laufe Ihrer Kindheit, Ihrer Jugend und Ihres Erwachsenseins entwickelt. Heute ist Ihr Selbstwertgefühl aber davon abhängig, was Sie von sich denken, wie Sie sich selbst mögen.

Christine Baumanns empfiehlt zum Thema Eifersucht:
Bekennen Sie sich zu Ihrer Eifersucht, allerdings ohne sie überzustrapazieren; spielen sie sie aber auch nicht herunter.
Muten Sie Ihrem Partner immer nur soviel zu, wie Sie selbst auch akzeptieren und verkraften können.
Spielen Sie Eifersucht nicht vor, wenn Sie sie nicht wirklich empfinden.
Betrachten Sie Ihren Partner nie als Eigentum. Leiten Sie aus Ihrer Liebe keine Besitzansprüche ab, denn loszulassen ist mehr als festzuhalten.
Eifersucht ist kein persönliches Versagen, es ist ein erlerntes Gefühl. Sie brauchen daher wegen Ihrer Eifersucht keine Schuldgefühle zu haben, aber es gibt Möglichkeiten, störende Eifersucht loszuwerden.
Stärken Sie Ihr Selbstwertgefühl. Werden Sie stolz auf Ihr Frausein oder Mannsein, auf Ihre persönlichen und unverwechselbaren Qualitäten.

PSYCHOTHERAPEUTISCHE HILFE ist sinnvoll und notwendig,
- wenn starke Abhängigkeit besteht.
- wenn Selbsthilfe alleine nicht ausreicht.
- wenn die zwischenmenschlichen Beziehungen sehr stark belastet sind.

In der Regel reicht ambulante Psychotherapie aus. Eine sehr hilfreiche Form der Psychotherapie heißt VERHALTENSTHERAPIE. Folgende Schritte gehören zur Verhaltenstherapie bei Sucht und Abhängigkeit. In der Verhaltenstherapie werden die individuellen Probleme herausgearbeitet und dafür individuelle Behandlungsschritte geplant und durchgeführt.

Folgendes Vorgehen ist spezifisch für die Verhaltenstherapie:
Es wird zunächst eine Art Problemanalyse gemacht. In der Problemanalyse wird erarbeitet, warum die Sucht existiert und auch, wann und wie sie entstanden ist.
Da der innere Druck groß ist, mit dem Suchtverhalten weiterzumachen, wird zunächst an der Motivation zur Veränderung gearbeitet (Förderung der Veränderungsbereitschaft).
Es werden gemeinsam Therapieziele und Schritte zu deren Erreichung festgelegt.
Es folgt die Arbeit an den Auslösern, die immer wieder zum Rückfall geführt haben und weiter führen werden.

Zur kognitiven Verhaltenstherapie gehören:
Einsicht in die Funktion des Suchtverhaltens; Suchtmittel als unzureichende Problemlösungen verstehen lernen.
Aneignung günstiger Alternativen.
Umgang mit Frustration – Aggression – Selbstunsicherheit; Umgang mit Angst.
Aufbau eines positiven Selbstbildes.

Es werden Probleme und Konflikte bearbeitet, die im Zusammenhang mit der Sucht stehen: z.B. Depressionen, Ängste, soziale Isolation, Arbeits- oder Schulprobleme, Freizeitdefizite, Partnerschaftsprobleme, sexuelle Störungen, körperliche oder psychosomatische Erkrankungen, soziale Ängste, psychiatrische Störungen.
Viele der therapeutischen Schritte finden zu Hause und im Alltag der Patientinnen und Patienten statt, oftmals unter Hinzuziehen von Partnerin/Partner, Freund oder Freundin.
Aber auch andere psychotherapeutische Verfahren sind geeignet zur Suchtbehandlung, z.B. Systemische Therapie, Tiefenpsychologische Behandlung, Psychodrama, Gesprächspsychotherapie, Gestalttherapie.

Die Heilungserfolge bei Sucht sind nicht geringer als bei anderen Störungen.
Sucht ist besiegbar!


INFORMATIONEN - KONTAKTE - LITERATUR

Literatur
Rolf Merkel: Eifersucht - woher Sie kommt und wie wir Sie überwinden können.
PAL-Verlag 1986
Anna Roming: Der Eifersucht entkommt niemand. In: Psychologie Heute, 1997, Heft 5, Seite 20-25.
Wolf Jordan: Die Eifersuchtsfalle. Herder-Verlag, Mannheim, 1996
Ernest Bornemann, Edit Lankor, Arno Plack, Adalbert Schmidt (Hrsg.): Eifersucht - ein Lesebuch für Erwachsene. Körner-Verlag, 1990, 20 DM
Barbara von Bronnen: Eifersucht - die schwarze Schwester der Liebe. Ein literarisches Lesebuch. Beck-Verlag, Beck`sche Reihe Nr. 1090, 1995, 17 DM
Reinhold Ruthe: Beziehungskiller - wie man Eifersucht, Neid, Rivalität und falschen Ehrgeiz überwindet. Brendow-Verlag , 1994, 16,80 DM

Psychotherapie
Erfüllt Eifersucht die Kriterien einer psychischen Krankheit, ist Sie eine krankhafte Sucht geworden, sollte nicht gezögert werden, eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch zu nehmen.
Bei der Suche nach einem seriösen Behandlungsplatz zur Durchführung einer Psychotherapie

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