Pariser Haute Couture

Transparente Erotik und weibliches «Morphing». Wenn sich vor Ihnen eine Frau, die soeben noch ein korsettiertes Pelzkleid trug, in ein James Bond Girl im Ganzkörper-Kampfanzug verwandelt, dann nennt sich das «Morphing». Stardesigner Jean-Paul Gaultier definiert diesen Begriff als «Metamorphose durch ständiges Gleiten».
Und so glitten die Mannequins auf seinem Defilee aus ihren Röcken und Kleidern - und liefen am Ende der Schau in weißen, schwarzen und grauen Taucheranzug ähnlichen Bodys über den Laufsteg.

Die Kollektion des «enfant terrible» der französischen Designer bildete den abschließenden Höhepunkt der viertägigen Pariser Haute-Couture-Schauen Herbst/Winter 2003-2004 und war wie immer - extravagant und abwechslungsreich.

«Corps à Corps» nennt Gaultier diese Ganzkörper-Bodys aus Wolle, Jersey oder Latex, die die Mannequins unter den Kreationen trugen, deren Namen ebenso fantasievoll und ausgefallen waren wie die Modelle. So versteckt sich hinter dem Wort «Zoom» ein übergroßes Fliegerblouson aus braunem Leder und goldfarbenem Pelzkragen, zu dem ein mit bunten Blumenmotiven gemusterter «Corps à Corps» getragen wird, der nur noch das Gesicht frei lässt. Doch viel raffinierter ist das Modell «Adler mit zwei Köpfen». Es besteht aus einem schwarzen, tief dekolletierten und korsettierten Veloursabendkleid, unter dem ein weißer Ganzkörper-Body getragen wird.

Die «Corps à Corps» haben Gaultier viel Applaus eingebracht, der aber auch seinen paillettenverzierten Musselin-Kleidern galt, die natürlich auch ohne diese «zweite Haut» getragen werden können - es sei denn es handelt sich um das Modell «Morphing», das Kostüm und Hosenanzug in einem ist. Die Mannequins stolzierten mit so hochhackigen Schuhen über den Laufsteg, dass viele umgeknickt sind, so wie Linda Evangelista, die bei Chanel die Braut war. Bei Gaultier lief das Star-Mannequin ebenfalls mit: Doch diesmal als Metamorphose-Frau im schwarzen «Corps à Corps» und Chapeau claque.

Ungaro setzt auf hautenge und tief dekolletierte Eleganz in Weiß und Schwarz. Die Kostüme mit den wadenlangen, eng anliegenden Röcken wären einfach nur schön und elegant, hätten die taillierten Jacken nicht diesen Schalkragen, der bis tief zum Bauchnabel reicht: Statt Bein zeigt die modebewusste Frau bei Ungaro mehr Busen. Besonders verführerisch sind auch die Abendkleider aus Seide, Musselin oder Velours, die sich wie eine zweite Haut dem weiblichen Körper anpassen. In kleinen und vorsichtigen Schritten gehen die Mannequins in diesen meist schwarzen Luxuskreationen, zu denen sie bunte, mit Pailletten verzierte kurze Boleros tragen, über den Laufsteg.

Bei Hanae Mori herrscht eher klassische Weiblichkeit vor: Die knielangen Falten- und Glockenröcke schwingen beim Gehen lustig um die Beine und die weit geschnittenen, langen schwarzen Hosen aus Organza und Satin zaubern eine schmale, längliche Silhouette herbei. Taillierte, mit Strass verzierte Seidenjacken in Gold und Bordeauxrot runden das elegante Frauenbild ab.

Givenchy setzt alles auf die Farbe Schwarz, die Lieblingsfarbe der 1993 gestorbenen Schauspielerin Audrey Hepburn, die einst die Muse des Gründers des legendären Modehauses war. Wer diese Kreationen aus Kaschmir, Seide, Satin und Musselin tragen möchte, braucht eine schlanke, makellose Figur - daran ändern auch die riesigen Schleifen im Rücken, auf der Hüfte oder an den Schultern nichts. Für den Abend schlägt der junge Modeschöpfer Julien Macdonald ein irisierendes, schwarzes Stufenkleid aus Cellophan vor. Warme Stoffe und dicke Pelze gehören nicht zu der kommenden Herbst- und Wintergarderobe der modebewussten Frau, sondern viel in luftige und leichte Stoffe gehüllte Weiblichkeit, die großzügig die Anatomie der Frau enthüllt.